Mit einem Gedenkstein auf der Zuwegung der Volksdorfer Kultur- und Begegnungsstätte erinnert die Stiftung Ohlendorff’sche Villa an den Einsatz der verstorbenen Kultursenatorin für die Restaurierung der Villa.
Die Setzung des Steins erfolgte am, 27. August 2018, um 18:00 Uhr durch Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien.
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Barbara Kisseler hat sich unermüdlich für die Hamburger Kultur im Kleinen wie im Großen eingesetzt. Ihr Engagement für die Restaurierung der Ohlendorff’schen Villa war wesentlich für die Wiedereröffnung vor fast genau vier Jahren. Dadurch ist in Volksdorf ein neuer kultureller Treffpunkt entstanden, der heute aus dem Stadtteil nicht mehr wegzudenken ist.
Das vielseitige und stark nachgefragte Programm wird vor Ort von einem beeindruckenden zivilgesellschaftlichen Engagement getragen. Hamburg braucht diese lebendigen Orte der Begegnung. Es ist eine große Freude, dass die Stiftung mit dem Gedenkstein eine dauerhafte Erinnerung an das große Engagement Barbara Kisselers für diesen lebendigen Ort geschaffen hat.“
Andreas Meyer, Vorstand Stiftung Ohlendorff’sche Villa: „Für die Wiederbelebung der Ohlendorff’schen Villa war Prof. Barbara Kisseler ein Glücksfall. Die Idee einen zentralen kulturellen Ort in Volksdorf zu schaffen, um aktiv den spürbaren Generationenwandel im Stadtteil mitzugestalten, begeisterte Prof. Barbara Kisseler. Heute ist die Villa zu diesem Ort geworden. Jung und Alt kommen zusammen und nutzen die Villa als Kita, für Trauungen und Kulturveranstaltungen, als Café.“
Die Ohlendorff’sche Villa wurde 1928/29 von dem Architekten Erich Elingius (1879 – 1948) für Hans v. Ohlendorff (1880 – 1967) gebaut. Erst als Familiensitz, später durch die Britische Armee als Kasino genutzt, war sie lange Zeit „das Rathaus der Walddörfer“, bevor die Stadt im Rahmen der Kommunalreform das Gebäude nicht mehr benötigte. Nach längerem Leerstand wurde 2014 durch Barbara Kisseler in der Ohlendorffsch’en Villa eine neue Kultur- und Begegnungsstätte eröffnet.
Dem vorausgegangen war ein erfolgreiches Bürgerbegehren zur kulturellen Nutzung der Villa als neuer Treffpunkt. Die Kulturbehörde, allen voran Barbara Kisseler, begleitete insbesondere die Restaurierung der denkmalgeschützten Villa intensiv und beteiligte sich mit 112.000 Euro. Heute betreibt die Stiftung Ohlendorff’sche Villa das Gebäude. Der Kulturkreis Walddörfer bietet ein vielfältiges kulturelles Angebot an, eine KITA und ein Café sind ebenfalls dort beheimatet.
--- GRUSSWORT GEDENKSTEINSETZUNG ---
Grußwort des Senators Dr. Carsten Brosda - Gedenksteinsetzung für Prof. Barbara Kisseler.
Sehr geehrter Herr Meyer,
sehr geehrter Herr Hirschfeld,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
als der Theaterprovokateur Christoph Schlingensief von seiner Krebskrankheit erfuhr, sagte er:
„Ich habe keinen Bock auf Himmel, ich habe keinen Bock auf Harfe spielen und singen und irgendwo auf einer Wolke herumgammeln.“
Irgendwo auf einer Wolke sitzen und nichts tun, das war auch Barbara Kisselers Sache nicht. Und ich bin sicher, dass – wenn es denn so etwas wie einen Himmel gibt – Frau Kisseler diesen ordentlich aufmischt und mindestens so etwas wie ein himmlisches Musikfestival organisiert, Harfenspieler ermutigt auf Jazzsaxophon oder E-Bass umzusteigen und Gott zu einer Unterredung bittet, wenn Kunst und Kultur im Himmel vernachlässigt werden…
Auch hier unten auf der Erde hat Barbara Kisseler viel in Bewegung gesetzt. Ihre Spuren in Hamburg sind vielfältig und allgegenwärtig.
Wenn wir heute hier zusammenstehen und gemeinsam den Stein zum Gedenken an Barbara Kisseler setzen, fügen wir diesen Erinnerungsspuren ein Zeichen unserer Wertschätzung hinzu. Eine Wertschätzung, die ihr von allen entgegengebracht wurde und immer noch wird – von den Künstlerinnen und Künstlern genauso wie von der Hamburger Gesellschaft und von Politikern.
Für Barbara Kisseler war Kultur die Essenz des Zusammenlebens.
Mit ihrer großen Klugheit, starken kommunikativen Fähigkeiten, einem bisweilen bissigen Witz, festen Überzeugungen und viel Authentizität war sie eine äußerst charismatische und fähige Politikerin.
Das war allen, die sie kennenlernten, sofort klar.
Für die Kultur im Allgemeinen und für die Ohlendorff’sche Villa im Besonderen war Barbara Kisseler ein Glücksfall.
Sie brachte (gemeinsam mit Olaf Scholz) im Jahr 2013 den zum Erliegen gekommen Bau der Elbphilharmonie mit großem Verhandlungsgeschick wieder zum Laufen.
Und mit ebensolchem Engagement setzte sie sich für einen kulturellen Treffpunkt in der Ohlendorff’schen Villa ein.
Sie wusste sehr gut, dass es in unserer Stadt beides – und noch mehr! – braucht: die überregional strahlenden Leuchttürme, die dezentral agierenden freien Künstlerinnen und Künstler und die lokal verankerten Kulturzentren mit starkem Stadtteilbezug.
Um die Ohlendorff’sche Villa zu einem Kulturzentrum zu machen, führte sie mit hohem persönlichem Engagement viele Gespräche. Die denkmalgerechte Restaurierung war ihr dabei ein besonderes Anliegen. Deshalb ermöglichte sie eine Förderung der Kulturbehörde in Höhe von 112.000 Euro.
Bei der Wiedereröffnung der Villa fast genau vor vier Jahren (30. August 2014) betonte Barbara Kisseler, wie eindrucksvoll sie den Bogen empfinde, der zwischen der vergangenen und der heutigen Form der „Villa Ohlendorff“ gespannt wurde:
- Erbaut wurde die Villa in den 1920er Jahren durch die Familie Ohlendorff, sie war damals Treffpunkt der großbürgerlichen Kunst- und Kulturszene;
- nach dem 2. Weltkrieg nutzte die britische Besatzung das Gebäude als Kasino;
- im Dezember 1950 wurde die Immobilie durch die FHH gekauft und zu einem Verwaltungsgebäude umfunktioniert, es wurde das „Rathaus der Walddörferinnen und Walddörfer“;
- 2006 zog das Ortsamt im Zuge der Kommunalreform wieder aus und es gab einen Leerstand.
- Die Walddörferinnen und Walddörfer erkannten sofort, dass dies eine einmalige Chance ist, mit der Villa etwas für den Stadtteil zu tun. Keiner wollte, dass das Gebäude an einen privaten Investor verkauft wird.
- Ein hoch engagierter ziviler Kraftakt folgte: ein erfolgreiches Bürgerbegehren (!) im Bezirk Wandsbek , das zu einer neuen Belebung der Villa führte und einen neuen Identifikationspunkt schaffte.
- Glücklicherweise wurde das Vorhaben durch die Politik unterstützt, die mehr als 7 Jahre lang dicke Bretter bohrte – bis endlich das neue Kulturzentrum öffnen konnte!
Heute ist die Villa ein lebendiger Ort der Stadtteilkultur, getragen durch die Stiftung „Ohlendorff’sche Villa“ und programmatisch bespielt durch den Walddörfer Kulturkreis – abgerundet durch die Kita und das Café.
Hamburg braucht solche Kulturorte, um ein dichtes Netz der Stadtteilkultur zu weben, das Menschen in allen Teilen der Stadt einlädt, Kultur nicht nur zu genießen, sondern auch selbst zu machen – als Organisator, als Teilnehmer, als Mäzen, als Ideengeber, als Multiplikator, als Nachbar.
Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren,
übernehmen durch Ihr Engagement hier in der Ohlendorff’schen Villa zivilgesellschaftliche Verantwortung. Sie machen diese Stadt durch Ihr Handeln lebenswerter. Sie gestalten Kultur und damit das Zusammenleben ganz in Barbara Kisselers Sinn.
Ich freue mich, dass wir uns heute gemeinsam an Barbara Kisseler erinnern.
Und es ist schön, dass mit dem Gedenkstein, den wir gleich verlegen werden, eine herausragende Politikerin – die den Volksdorfern mit der „Ohlendorff’schen Villa“ zu einem Ort der Gemeinschaft verholfen hat – nun bei eben dieser Villa einen Ort der Erinnerung erhält.
Quelle Texte: Behörde für Kultur und Medien Hamburg
Quelle Foto: Bezirksamt Wandsbek / Dirk Hertrampf, Bertold Fabricius, Ohlendorff’sche Villa.